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Die andere Seite
Nach einem Tag Pause verlasse ich Hay on Wey wieder. Gestärkt vom Pausentag geht es nun raus aus Wales Richtung England. Naja ganz schaffe ich es dann doch nicht Wales zu verlassen. Dieses Land ist einfach zu schön. Ich lande an diesem Tag in Chepstow in einem gemütlichen Hotel mit herrlichem Garten. Tags darauf komme ich nun definitiv in England an. Über die grosse Brücke fahre ich auf die andere Seite nach Bristol.
Die erste Großstadt auf meiner Reise lasse ich schnell hinter mich und folge dem alten Eisenbahntrack Richtung Bath. Es fühlt sich gut an mal wieder im flachen fahren zu können. Man kommt schnell voran.
In Bath kann man auf der alten Bahnstrecke durch 2 Tunnels fahren. Im Freien hat es 30 Grad und im Tunnel nur gerade noch 14 Grad. Der eine ist 1.7 km lang. Nach der Fahrt durch die Tunnels geht es weiter entlang des Kennet and Avon Canal. Es ist zwar schön am Kanal zu fahren da es meist eben ist aber es wird auch schnell langweilig. Außer man fährt so enge Wege dass es einem zweimal auf die Schnauze haut. Bis auf ein paar Blessuren und das Vergnügen der Brennesseln ist aber nichts schlimmes passiert.
Auf dem Kanal fahren viele Boote die man mieten kann. Diese sind lange und schlanke Boote. Solche Bootsferien können ganz schön langweilig sein außer man beschäftigt sich mit der Bedienung der Schleusen. An einem Ort hatte es sage und schreibe 15 Schleusen hintereinander das ist Beschäftigung pur.
Mich hat inzwischen auch noch beschäftigt das auf dem offiziellen Euro Velo Weg dermaßen blöde Abschrankungen gebaut werden so dass man mit einem Touren Velo nicht mehr durchkommt. Geschweige denn mit meinem. Zum Glück gibt es immer ein paar helfende Hände die mir aus der Patsche geholfen haben. Mit vereinten Kräften hievten wir mein entladenes Velo über die Abschrankung.
Nach diesem ereignisreichen Tag komme ich schlussendlich in Devizes an. England ist im Vergleich zu Wales schon flacher und dadurch komme ich zügiger vorwärts. Von Devizes geht es vermehrt auf Straßen also weg vom Kanal. Die Landschaft ist schon nicht mehr so spektakulär wie in Wales aber ebenfalls sehr ansprechend. Nach 100 km komme ich in Reading an. Reading ist eine Großstadt bei der man die schönen Flecken suchen muss. Am nächsten Tag zieht es mich daher zügig weiter Richtung London. In Windsor habe ich schon 50 km auf dem Tacho. Die Queen ist gerade nicht in der Gegend daher esse ich alleine zu Mittag.
Weiter geht es wieder entlang eines Kanals und später auch über den Kanal auf die andere Seite mit einer Fähre.
Zur Sicherheit habe ich das Hotel in London bereits am Mittag reserviert. Die Einfahrt in den Großstadtdschungel gestaltet sich schwierig. Es geht links und rechts, stop and go und schlussendlich finde ich das Hotel gegen 7:30 Uhr abends. Mit 105 km ist es auch die aktuell längste Etappe. Müde vom Tag kurz was essen und dann zügig ins Bett. Aber morgen will ich ins Stadtzentrum fahren um von dort aus auf der Euro Route 5 Richtung Dover zu gelangen. Morgens sind die Straßen von London noch leer es ist auch Sonntag.
Wenn man mit einem Velo in so einer großen Stadt unterwegs ist dann lernt man nicht nur die schönen Seiten der Stadt kennen. Der Veloweg führt mich durch den Großstadtdschungel raus in die Industrie und die Vororte. Wenn man nun denkt wann komme ich schnell vorwärts dem sei eines Besseren belehrt den schon bald stehe ich wieder vor einer Barriere bei der man sich Gedanken macht welche Idiot hat die gebaut.
Kein Durchkommen keine helfende Hände so bleibt mir nichts anderes übrig als alles wieder zurück zu fahren und einen anderen Weg zu finden. Den finde ich auch aber schon stehe ich vor dem nächsten übel. Genau da wo ich durch fahren möchte wird gerade die Straße neu gemacht. Somit muss ich wieder zurück und finde einen anderen Weg nach langen hin und her der mich schlussendlich mit mehreren Kilometer ich rechne mal mit 15 km Umweg wieder auf die Route führt.
Müde vom Vortag durch das Stop and Go nach London und die ganzen Umwege sind meine Motivation auf 0. Ich brauche dringend Erholung und finde die auch in Northfleet. Nach nur gerade 73 km schwinge ich mich um 5 Uhr nachmittags unter die Dusche und ins Bett. Den Wecker auf 8 Uhr gestellt stehe ich noch drei Stunden Schlaf wieder auf und versuche noch was zu Essen zu finden. Ihr müsst wissen dass es in Großbritannien normal ist dass es nach 9 Uhr abends nichts mehr gibt. Die Regel bestätigt natürlich die Ausnahme und so stehe ich im Pup ziemlich blöde da als der Barkeeper mir sagte die Küche sei schon zu. Aber es gibt ein paar Meter weiter unten einen fish and chips laden. Naja denke ich mir dann fügst du die auch diese englische Spezialitäten zu Gemüte. Zum Glück war auch der Laden zu und ich genehmigte mir gleich nebenan beim kleinen Markt eine Suppe und ein Sandwich und esse die im Zimmer. So habe ich auch genügend Zeit weiter zu schlafen. Frisch gestärkt und erholt geht es am nächsten Tag weiter gen Osten. Die Landschaft wird auch wieder schöner. Die Großstadt London und die angrenzenden außen Städte habe ich nun definitiv hinter mich gelassen. Es ist Montag und ein Feiertag in England wobei mir kommt es nicht so vor weil es wird eigentlich alles gemacht außer gefeiert. Mich begleitet im heutigen Tag Tim, ein anderer Velofahrer der von London Richtung Osten unterwegs ist. Gemeinsam fahren wir während rund 4 Stunden miteinander durch die Gegend genehmigen uns ein Picknick unterwegs und reden über die Gemeinsamkeiten des Velofahren. Er hat ebenfalls schon einige Velotouren unter anderem in Kirgistan gemacht.
Am Abend komme ich an meinem letzten Übernachtungsort in England an. Der Ort nennt sich Sandwich und er hat prominente Nachbarorte. Ash, Worth und Deal. Da hatte jemand schöne Ideen für Ortsnamen. In Deal komme ich auch tags darauf vorbei. Auch hier ist die Landschaft wirklich schön aber der Nähe ich nach Dover komme verschlechtert sich das Wetter und auch die Landschaft. Dover selbst ist zweigeteilt auf der einen Seite ist die Stadt und auf der anderen Seite der Hafen. Auf der einen Seite die Touristen die die Stadt Überschwemmung und auf der anderen Seite die Autos und die Lastwagen die den Hafen überschwemmen. Und mittendrin ein einsamer Velofahrer der verzweifelt den Eingang zum Hafen sucht. Es ist auch hier wieder alles groß und unübersichtlich aber schlussendlich finde ich den richtigen Weg und auch das richtige Schiff. Zusammen mit einem weiteren Tourenfahrer können wir das schief direkt mit den Velos befahren. Die Velos gut angebunden genieße ich den zweiten Tag hintereinander das Gespräch mit einem Gleichgesinnten. So vergeht die Fahrt über den Kanal schnell…
Fazit aus England. Der Südwesten ist ganz okay die Straßen sind meist leer und man kommt zügig voran außer man steht nicht vor so einer doofen Schranke. Die Qualität der Velowege lassen zum Teil zu wünschen übrig. London und die Sehenswürdigkeiten kennt man darüber muss ich mich nicht äußern. Beim Resten von London will ich mich nicht äußern. Jede Grossstadt hat auch eine andere Seite. Der Südosten von England ist so lala aber es gibt Perlen wo man sich in die Landschaft verlieben könnte. Dover und der Kanal wird seinem Image gerecht. Das Wetter schlägt hier so schnell um dass man fast nicht unterscheiden kann ob man nicht sieht oder doch was sieht.
Nach knapp 1000 km und über 9000 Höhenmeter verlasse ich Großbritannien. Danke, es hat mir sehr gut gefallen und ich komme wieder.
Nun frage ich mich: wie fährt es sich auf der anderen Seite, links oder rechts? Wie ist die Butter, salzig oder Süss?
Bis bald
Cheers, Dani
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